Ein israelischer Geschäftspartner schuldet Ihnen Geld und zahlt nicht. Was sind Ihre Möglichkeiten? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein ganzes Wissensgebiet, welches landläufig «Inkasso» genannt wird und zahlreiche Rechtsanwälte beschäftigt.
Da Sie als deutsche Gesellschaft ein vollstreckbares Gerichtsurteil benötigen, um Vollstreckungsmassnahmen gegen einen säumigen israelischen Schuldner anzustrengen, kostet die Eintreibung einer nicht bezahlten Schuld in der Regel erheblichen Aufwand und auch Zeit.
Hier wollen wir auf einige wichtige Fehler hinweisen, welche wir in unserer Praxis im Zusammenhang mit Deutschen und Schweizer Mandanten häufig sehen und deren Vermeidung die Durchsetzung Ihrer Forderungen in Israel erheblich erleichtern kann.
Ausschliessliche Zuständigkeit deutscher oder schweizerischer Gerichte
Oftmals sehen Unternehmen mit Sitz in Deutschland in Ihren Verträgen, Bestellungen, AGB oder auf ihren Rechnungsformularen mit ausländischen Partnern generell vor, dass Streitigkeiten mit dem ausländischen Partner ausschliesslich vor deutschen Gerichten geklärt werden können.
Zahlt dann der ausländische, in unserem Fall der israelische Geschäftspartner nicht, kann sich Regelung als regelrechter Bumerang zum Nachteil der deutschen Firma erweisen: Der deutsche Gläubiger verzichtet damit auf die Möglichkeit seine Forderung mit raschen und relativ unkomplizierten Massnahmen am Sitz des israelischen Schuldners zu sichern, und in Israel umgehend auf das Vermögen des Schuldners zuzugreifen.
Um dies zu veranschaulichen, hier ein Beispiel:
Die Notwendigkeit einer Zustellung durch internationale Rechtshilfe verlängert das Verfahren erheblich
Sie sind eine deutsche Gesellschaft mit Geschäftsbeziehungen zu Israel. Nachdem ein israelischer Geschäftspartner Ihre Rechnungen nicht bezahlt hat, wollen Sie Ihre Forderung gegen ihn durchsetzen. Wegen der Gerichtsstands-Klausel in Ihrem Vertrag sind sie verpflichtet dies in Deutschland, am Gericht Ihres Domizils, zu tun. Anschliessend müssen Sie die Klage oder den Mahnbescheid mittels internationaler Rechtshilfe zustellen. Diese Zustellung wird durch das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen. Allein diese Zustellung dauert in der Regel ca. sechs Monate und wird damit das deutsche Verfahren erheblich hinauszögern.
Nach erfolgter Zustellung enden die Schwierigkeiten jedoch keineswegs: Verteidigt sich der israelische Geschäftspartner vor dem deutschen Gericht, müssen Sie womöglich einen längeren Prozess um die Forderung führen, der in erster Instanz durchschnittlich ein weiteres halbes Jahr und über mehrere Instanzen auch mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.
Während dieser Prozessdauer bleibt Ihre Forderung gegenüber dem israelischen Geschäftspartner ungesichert.
Nach Erhalt eines Deutschen Urteils: Vollstreckbarerklärung in Israel
Sobald ein deutsches Urteil vorliegt, muss dafür vom zuständigen israelischen Recht eine Vollstreckbarkeitserklärung in Israel erwirkt werden.
Zwar existiert zwischen Israel und Deutschland für Zivil- und Handelssachen ein Vollstreckungsübereinkommen. Damit dieses jedoch zum Tragen kommt, müssen die üblichen Voraussetzungen nachgewiesen werden. Es dauert also wiederum mehrere Monate bis Ihr deutsches Urteil in Israel vollstreckt werden kann. Dies bedeutet, dass Sie zusätzlich zur Verfahrensdauer in Deutschland eine Verzögerung von etwa einem Jahr haben.
Verzicht auf israelische Massnahmen zur Sicherung der Mittel für die Deckung der Forderung
Bis Sie nun endlich auf die Vermögenswerte des israelischen Schuldners zugreifen können, hatte dieser viel Zeit sich seinen Verbindlichkeiten zu entziehen. In der Regel können Sie dagegen kaum etwas unternehmen, da deutsche Gerichte keine ausländischen Vermögenswerte beschlagnahmen, einfrieren oder sonstige wirkungsvolle vorsorgliche Massnahmen treffen können.
Ähnlich verhält es sich übrigens, wenn die Parteien für die Regelung ihrer Streitigkeiten ein Schiedsgericht gewählt haben und Sie nunmehr ein Schiedsurteil in der Hand halten und durchsetzen müssen. Auch hier muss das entsprechende Schiedsurteil in Israel vollstreckbar erklärt werden, und zwar nach den erheblich erschwerten Voraussetzungen des New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Auch hier vergeht einige Zeit und es bestehen keine Möglichkeiten vorsorgliche Massnahmen wirkungsvoll durchzusetzen.
Am Domizil des Schuldners vorgehen
Können Sie jedoch vor einem israelischen Gericht, am Sitz des Schuldners, vorgehen, haben Sie den Vorteil, umgehend auf das Vermögen des Prozessgegners zu greifen: Nach israelischem Recht kann noch vor Einreichung einer Klage im Wege einer Vorsorglichen Maßnahme Vermögen des Prozessgegners gesperrt werden. Damit wird das Haftungssubstrat für die Deckung einer allfälligen Forderung erst einmal gesichert.
Da israelische Schuldner sich dieser Möglichkeiten bewusst sind, erhöht das ebenfalls Ihre Chancen auf eine sinnvolle außergerichtliche oder gerichtliche Einigung. Zudem kann dann ein erwirktes Urteil direkt gegen den Schuldner vollstreckt werden.
Welche Gerichtszuständigkeit soll ich vorsehen?
Aus den oben genannten Gründen empfehlen wir dringend, bei Verträgen mit aussereuropäischen Partnern nicht eine alleinige Zuständigkeit deutscher Gerichte vorzusehen, sondern sich das Wahlrecht vorzubehalten ob Sie am Domizil des Vertragspartners oder an ihrem eigenen Domizil vorgehen möchten. In jedem Fall sollten Sie sich die Möglichkeit offenhalten, am Domizil des Geschäftspartners vorzugehen.
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