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Retrozessionen

Aktualisiert: 24. Nov. 2023




Vermittlungsprovisionen im Bankwesen werden in der Schweiz Retrozessionen oder Kick-Backs genannt. Diese Provisionen, die Banken zum Beispiel an Vermögensverwalter bezahlen, halten das Schweizer Finanzwesen, die Rechtsprechung und die Medien seit Jahren auf Trab.


So bezahlten Banken Vermögensverwaltern für die Vermittlung ihrer Investitionsprodukte oder die Vermittlung von Transaktionen Provisionen, welche sie dann in Form von Bankgebühren auf den Kunden abwälzten, ohne dass dieser davon wusste. Diese Praxis, bei der ein Dreiecksverhältnis zwischen Kunde, Bank und Vermögensverwalter entstand, war jahrzehntelang Gang und Gebe und für alle, ausser für den Kunden, äusserst lukrativ und führte nicht selten zu Interessenkonflikten. Unzählige Bankkunden haben durch diese Praxis immense Einbussen gemacht. 2006 fällte der oberste Gerichtshof der Schweiz, das Bundesgericht, zwei Leitentscheide (BGE 132 III 460 und BGE 137 III 393), wonach gewisse Retrozessionen illegal sind. Daraus folgt, dass die Retrozessionen, also die Vermittlungsgebühren, die von Banken an Vermögensverwalter gezahlt und anschliessend durch die Bank auf den Kunden abgewälzt wurden, Letzteren auf deren Begehren hin zurückzuerstatten sind.


In der Zwischenzeit weitete das Bundesgericht seine Praxis aus, und für Anleger, die ihre Ansprüche aus Retrozessionen gegen Banken geltend machen wollen, begann ein Wettlauf gegen die gesetzlichen Verjährungsfristen.



Arten von Retrozessionen


Es gibt verschiedene Arten von Retrozessionen.


Bei Banken- Retrozessionen erheben Banken für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren ihrer Kunden eine Gebühr, die sogenannte Courtage. Einen Teil dieser Courtage leiten die Banken dann dem Vermögensverwalter, der das Geschäft vermittelt hatte, als Provision weiter. Banken verrechneten so mithin überrissene Courtagen.


Produkte-Retrozessionen: Hier bezahlen Produkteanbieter aus ihrer Gebühr, die sie ihrem Kunden in Rechnung stellen, Banken oder Vermögensverwaltern Kommission dafür, dass sie ihr Produkt überhaupt anbieten und im Kundendepot halten. Bestandespflegekommission: Hier hat die Bank selbst ein Vermögensverwaltungsmandat und erhält von Produkteanbietern eine Kommission dafür, dass sie deren Produkt im Portfolio ihres Kunden belässt. Oft verstecken sich diese Kommissionen hinter Management Fees.


Rückzahlungspflicht


Das Bundesgericht urteilte 2006, dass Vermögensverwalter ihren Kunden Retrozessionen, die sie von Banken erhielten, zurückerstatten müssen, sofern die Kunden nicht rechtsgültig darauf verzichtet hatten.


2012 weitete das Bundesgericht seine Praxis im Entscheid 4A_127/2012 dahingehend aus, dass Banken ihren Kunden auch Retrozessionen herausgeben müssen , die sie bei der Investition in Produkte einer Konzerngesellschaft erhielten.


Ebenso stehen Bestandspflegekommissionen, die die Bank bei Vermögensverwaltungsmandaten erhielt, ihren Kunden zu. Dies gilt seit dem nun diesbezüglichen Entscheid des Bundesgerichts (BGE 4A_127/2012) auch für konzerninterne Provisionen und nicht nur für externe Vermögensverwalter.



Verzichterklärungen


Wie oben bereits erwähnt, hat ein Bankkunde nur Anspruch auf Rückzahlung der Retrozession, sofern er nicht rechtsgültig darauf verzichtet hat. Aus diesem Grund haben Banken Verträge mit Verzichterklärungen etabliert. Dies ist erlaubt, nur müssen die Verzichterklärungen Bedingungen erfüllen, die das Bundesgericht in seinem Entscheid vom August 2011 BGE 137 III 399 festgemacht hat. Demnach hat der Kunde über Retrozessionen genügend informiert zu werden, er muss wissen, „aufgrund von welchen Vorgängen (Depotgebühren, Transaktionsvolumen, etc.) welche Retrozessionen in welcher Höhe (prozentuale oder absolute Retrozessionen) entstehen und wie sich die Grössenordnung der erwarteten Retrozessionen im Verhältnis zum Vermögensverwaltungshonorar bewegt“, Jusletter 1/2012. Jüngst entschied das Bundesgericht, dass die Information zu den Retrozessionen sich in einer Verzichtserklärung auf die Bandbreite des Gesamtvermögens beziehen muss, und nicht nur auf die Retrozessionen bezüglich dem in Produkten investiertem Vermögen (BGE 4A_355/2019).


Besonders Grossbanken haben sich in ihren Standardverträgen an diese Voraussetzungen für die Verzichtserklärungen angepasst. Demnach sind deren Verzichtserklärungen, die ab 2012 unterzeichnet wurden, in der Regel rechtsgültig. Bei kleineren Finanzinstituten und Verzichterklärungen, die vor dem Key Case im August 2011 abgegeben wurden, ist die Wahrscheinlichkeit der Rechtsungültigkeit höher.


Ob die Verzichtserklärungen der Banken nur von der Rückerstattungspflicht bezüglich Vermögensverwaltungsmandaten befreit oder auch bei Kunden mit einer Anlageberatung, ist strittig.



Verjährung


Die Frage der Verjährung der Ansprüche aus Retrozessionen war lange ungeklärt, zumal Ansprüche aus wiederkehrenden Leistungen, wie etwa bei Bestandspflegekommissionen, im Schweizer Recht (Art. 128 Ziff. 1 OR) nach 5 Jahren verjähren. 2017 entschied das Bundesgericht, dass der Anspruch auf Rückzahlung einer Retrozession erst nach 10 Jahren verjährt. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Vermögensverwalter oder die Bank die Retrozession erhielten. Geschah dies vor mehr als 10 Jahren, ist der Anspruch verjährt.



Fazit


Retrozessionen, also Vermittlungs- oder Portfolioführungskommissionen, haben für verschiedene Akteure im Bankenwesen falsche Anreize geschaffen und die Konsumenten hohe Einbussen gekostet. Das Bundesgericht hat gewisse Retrozessionen 2006 erstmals für illegal erklärt und es versteht sich von selbst, weshalb das Thema so medienträchtig ist und das Bundesgericht alle Jahre wieder zur Ausweitung seiner Praxis bewegt. Retrozessionen stehen Kunden zu und können gerichtlich eingeklagt werden, sofern nicht rechtsgültig darauf verzichtet wurde. Banken haben ihre Verzichterklärungen nach dem Grundsatzentscheid im Sommer 2011 ausrichtet. In Anbetracht dessen und der zehnjährigen Verjährungsfrist des Anspruches, empfiehlt es sich für so manchen Bankkunden, in Sachen Rückforderung von Retrozessionen so schnell wie möglich tätig zu werden. Unsere Kanzlei verfügt über das nötige Know-How und kümmert sich für Sie darum, Ihren Anspruch auf Rückerstattung der Retrozessionen durchzusetzen.

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